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21 Apr., 2024
Am Ende der Woche sehne ich mich nach einem Ausgleich, nach Stärkung. Mir kommt das Bild von einem Spaziergang entlang der Havel, vielleicht ein ruhiges Verweilen in einer kleinen Bucht. In der Vorstellung schweift mein Blick über die Weite des Wassers, mein Atem geht gleich tiefer. Vor Ort angekommen, sind es viele Menschen, die ans Ufer wollen. Und so kommt es, dass ich den Weg zum Fluß zwar eingeschlage, dann aber gleich eine Pflanze im Dickicht zu mir herüberleuchtet. Es zieht mich zu ihr hin. Fasziniert von der Schönheit, von der Art, wie sich die Pflanze aufrichtet, wie sich ihre zarten Blättchen dem Licht entgegenstrecken, verweile ich mit ihr. Und vielleicht lande ich später auch noch am Wasser und laufe dort entlang. Aber die Begegnung mit der jungen Pflanze hat mich bereits genährt, mich gestärkt. Und vielleicht gibt es auch am Ufer noch etwas zu entdecken. Es mag nicht dem entsprechen, was ich zuhause visualisiert hatte, sondern es ist - man könnte sagen - das, was mir geschenkt wird, wenn ich mit offenem Herzen und wachem Geist, langsam einen Schritt vor den anderen setze. Offen, neugierig und bereit, mich überraschen zu lassen. Pleasures of Presence die längere Sinnesmeditation zu Beginn jedes Walks, möchte Dich in einen Zustand begleiten, der das offen und neugierg Sein unterstützt. Dann das Dich langsam inmitten der unendlichen Bewegungen des Waldes zu bewegen, im Rhythmus mit den sich im Wind wiegenden Ästen zu atmen, bringt Dich leicht in Einklang mit dem, was Dich umgibt. Und dann kann die Einladung, einen Baum zu finden und seine Borke mit Deiner Haut zu ertasten dazu führen, dass dein Blick entlang des Stammes nach oben gleitet, weil Du einen Flügelschlag hörst und Du in den Wipfeln einen Vogel entdeckst, der da sein Nest baut. Ein Gefühl von berührt sein, ein stilles wow, Du zeigst Dich mir! Und dann bist Du mittendrin, bist Teil des Waldes, darfst staunen und die Freude darüber darf sich in Dir ausbreiten. Wenn Du dann zurück in den Kreis kommst, vielleicht magst Du etwas von dieser schönen Begegnung erzählen und die anderen lauschen dann Dir. Und je nachdem, was Dein aktuelles Thema war, Deine Intention, vielleicht tritt für Dich die wahrgenommene Fürsorge des Vogels in den Vordergrund oder die Geduld und Strebsamkeit, mit der jeder kleine Zweig herangeholt wurde, damit das Nest entsteht. Was auch immer Dich da anspricht, ist genau für Dich. Der Wald ist der Therapeut, der Guide öffnet die Türen. Es gehst genau um das, was Dich berührt und um die Beziehung, die Du da entwickelst. Und vielleicht kommt ein Gefühl von Dankbarkeit in Dir auf für den Wald, für die Umstände, die Dich an diesen Ort geführt haben, für den Vogel und all die Schönheit. Und nicht zuletzt auch für Deine Präsenz, für Dein Sein in der erlebten Verbundenheit mit dem Land, der Luft, dem Leben.
von Lia Braun 30 Juli, 2022
Einmal wöchentlich zwei Stunden zum eigenen Wohlergehen im Wald zu verbringen ist zweifellos eine gute Investition. Vielleicht ein bisschen laufen, dann langsamer werden, aufmerksam für das, was um Dich herum und in Dir vorgeht. Spüren, wie sich der Waldboden anfühlt, den Bewegungen der Luft und dem Rhythmus Deines Atems lauschend. Das alleine wird sich positiv auf Dein Nervensystem auswirken, wird Dein Immunsystem stärken, wird Dir Momente von mehr Gelassenheit und Leichtigkeit bescheren. Wollen wir Resilienz entwickeln braucht es mehr. Es braucht ein Bewusstsein für vorhandene Schutz- und Risikofaktoren. Vor allem braucht es eine freundliche Haltung gegenüber Letzteren, unseren verletzten Seiten, die sich irritiert, gereizt, hilflos fühlen oder sich zurückziehen möchten. Hier können diverse Resilienz-Tests Hinweise geben. Dann herauszufinden, welche Stärken hier im Weiteren einen Unterschied machen würden ist ein individueller Prozess. Es gibt aber auch innere Haltungen und Fertigkeiten, die quasi für alle hilfreich sind. Das Gehirn ist plastisch , d.h. dass unser regelmäßiges Tun im Gehirn „Spuren“ hinterlässt. Durch Intensität und Wiederholung bestimmter Erfahrungen bilden sich über die Zeit neuronale Strukturen aus. Im übertragenen Sinne werden aus anfänglich zarten Pfaden, Straßen und schließlich Autobahnen. Von Mal zu Mal feuern die neuronalen Netzwerke im Gehirn schneller bis alles fast automatisch abläuft. Ein Beispiel: Bei denen, die mit sms schreiben aufgewachsen sind und diese Kommunikationsform häufig nutzen, bildet sich das Daumenareal im Gehirn stärker aus. Das geht dann immer flotter. Der Aufbau innerer Ressourcen zur Stärkung unserer Widerstandskraft funktioniert ähnlich. Es braucht viele verkörperte und intensiv erlebte Erfahrungen Möchten wir wach im Moment sein statt im übertragenen Sinne "auf alten Straßen" unterwegs zu sein, dann bedarf es eines regelmäßigen, achtsamen Tuns im Hier und Jetzt. Möchten wir die Überzeugung in uns tragen, stets Einfluss auf unsere Befindlichkeit nehmen zu können und grundsätzlich handlungsfähig zu sein, dann braucht es Erfahrungen, die eben dies verkörpern. Das ist mit Üben gemeint. So können sich alternative Verknüpfungen entwickeln. Werden die bisherigen Straßen nicht mehr befeuert, werden sie mit der Zeit verblassen. Doch in diesem Prozess gibt es auch Hürden: Im Zuge unserer Evolution war es überlebenswichtig, den (potentiellen) Gefahren stets Aufmerksamkeit zu schenken und sie präsent zu haben. Sich der Freude über die entdeckten schönen roten Früchte hinzugeben und dabei den berühmten hungrigen Säbelzahntiger im Gebüsch zu übersehen, wäre das Ende gewesen. Die, die die Gefahren im Blick hielten, überlebten und hatten Gelegenheit, sich fortzupflanzen. Das Erbe unserer Vorfahren: Die Negativitätsverzerrung . Unsere Aufmerksamkeit geht ganz von selbst, wie von einem starken Magneten angezogen zu dem (potentiell) Gefährlichen, dem Besorgniserregenden. Sie hängt automatisch an schwierigen Erfahrungen und wahrgenommenen Schwächen. Das machen sich die Texter von Schlagzeilen und viele andere zunutze. Positive Momente hingegen, z.B. eine kurze freundliche Begegnung, eine Aufmunterung durch die Freundin, die wohlige Wärme der Sonne auf der Haut, ein Kinderlachen – eben die kleinen Freuden im Alltag rauschen oft nur so durch uns durch. Damit auch sie Spuren in unseren Gehirnen hinterlassen, dürfen wir sie bewusst wahrnehmen oder erinnern und ganz lebendig werden lassen. (Siehe z.B. die Arbeit von Rick Hanson) Die Negativitätsverzerrung bringt auch mit sich, dass wir i.d.R. unsere potentiellen Ressourcen und unsere Möglichkeiten unterschätzen, die Hürden und unsere Schwachpunkte hingegen eher überbewerten. Ist uns dies bewusst, können wir im Alltag leichter bemerken, wann wir mit dem Negativ-Erleben oder den düsteren Aussichten verschmelzen oder uns schon ganz damit identifizieren. Dann hilft es, innerlich ein wenig zurückzutreten, den Blick zu weiten, Kräfte wachzurufen und den verunsicherten Seiten in uns mitfühlend beizustehen. Das tut gut. So lernen wir, mit uns selber Freundschaft zu schließen und uns in guter Weise zunehmend leichter zu regulieren. "Nana korobi, ya oki" ist ein japanisches Sprichwort. (Siebenmal hinfallen, achtmal wieder aufstehen)
von Lia Braun 30 Dez., 2020
Von Südwesten her erhellt der volle Mond mein Zimmer mit einer derartigen Präsenz, als wäre er hier mit mir im Raum. Und wenn ich, wie heute, ausgiebig in den Morgen hinein schlafen kann, dann koste ich das aus wie den Besuch einer lieben Freundin. Ich mag das gleißende Mondlicht am schwarzen Firmament und wie es mich berührt und durchdringt. Es versetzt mich in eine besondere Stimmung. Ich bin bewegt und staune. Und ich erinnere mich an meine erste ganz bewusste Begegnung mit dem Mond. Am Abend, nach einem Ausflug mit den Eltern, lag ich müde auf dem Rücksitz im Auto, bereit, einzuschlafen. Und dann war er plötzlich da, schaute durch die Heckscheibe zu mir hinunter und sprach mich in einer wohlwollenden Art und Weise ganz unmissverständlich an. Und ohne Zögern antwortete ich, öffnete mein Herz und fand Trost. Was hat das alles mit Waldbaden zu tun? Da bin ich sehr gespannt, was genau Dir dazu einfällt und ich freue mich, wenn Du mir darauf antworten möchtest. Das Bad im Mondlicht lässt mich das eingebunden Sein im großen Ganzen mit jeder Zelle spüren , nicht nur denken. Und das geschieht eher unverhofft, ganz unmittelbar und bezaubert genau deshalb. Diese Fähigkeit, dieses Vermögen liegt außerhalb des Machens, jenseits des schon Gewussten und ist doch potentiell immer vorhanden, ob im Wald, am Meer, wenn Tropfen vom Himmel fallen oder wenn mich die Ringeltaube vom Fenstersims aus anschaut in diesem einen Moment. Es sind diese Erfahrungen, die meinem Erleben und meiner Welt Weite und Tiefe verleihen und die darin körperlich erlebte Verbundenheit vermittelt mir gleichzeitig Halt. Ich finde in all dem meinen Platz und Orientierung.
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