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Lia Braun • Juli 02, 2019


An einem sonnigen Julitag wurde ich in Burtscheid bei den heißen Quellen geboren. Der naturnahe Garten hinter dem Haus war mir lebendiges Gegenüber und Kinderzimmer. Auf allen Vieren folgte ich den Käfern und Schmetterlingen durch die Blumenwiese, entspannte unter der Sonnenwärme, spürte die Regentropfen und den Wind auf der Haut. Aufmerksam lauschte ich dem Amselgesang, roch das frisch geschnittene Gras, aß glücklich die reifen Früchte. Im Winter arbeitete ich mich begeistert durch den festen, glitzernden Schnee und im Frühjahr strahlte ich vor Freude beim Anblick der Gänseblümchen.

Im Garten fühlte ich mich mit allem, was mich innerlich bewegte, angenommen. Mal flog ich mit der Schaukel juchzend und kraftvoll durch die Luft, mal zog ich mich still zurück unter die Trauerweide. An der sicheren Hand meines Großvaters Cornelius Bücken erlebte ich den großen, geheimnisvollen Wald. Und wenn die Sonne durch das fast dichte Blätterdach schien, konnte ich die einzelnen Strahlen sehen. Die Erde roch so duftig und es lief sich schön darauf. 

Wir spazierten langsam, nahmen uns Zeit, alle Eindrücke einzuatmen 

Und immer wieder deutete mein Großvater mit leuchtenden und sprechenden Augen auf etwas. Das klang wie: Schau mal, ist das nicht wunderschön?

Als wir in eine fremde Stadt zogen und mich das Ausmaß der Veränderungen zu überfordern schien, erlebte ich den Verlust der mir vertrauten Orte mit großem Kummer. Das Eintauchen in die Natur gab es fortan nur noch in den Sommerferien. An der Nordsee, da, wo sich Sandstrand und Meer berühren, spielte ich am liebsten. Ich buddelte, sprang mit den Wellen oder ließ mich auf der Luftmatratze treiben - vom Wasser und dem Leben getragen. In Verhältnis zu den Bewegungen der Gezeiten, den mit der Ebbe und der Flut erfahrbaren Kräften und der Weite und Tiefe des Meeres war ich ganz klein und doch wusste ich mich als Teil des Großen Ganzen, fühlte mich verbunden und geborgen.

Vor einigen Jahren erlebte ich mich in einer Sackgasse und im Prozess einer inneren Einkehr widmete ich mich der Frage: Wann hast Du Dich in Deinem Leben besonders verbunden und in Deiner Kraft gefühlt? Zu meinem Lebensweg fiel mir spontan eine Spirale ein, weil ich meine Themen oft über Lebensphasen hinweg als wiederkehrend wahrnehme. Dann wurde mir bewusst, dass das erlebte Zusammenwirken der inneren und der äußeren Natur allen den von mir als kraftvoll erlebten Zeiten gemeinsam war. Beim Tanzen oder Gärtnern, während der alltäglichen Spaziergänge mit meiner Hündin an der Ostsee oder beim schlichten Innehalten an einen Baum gelehnt– wenn ich mir Zeit nahm, mich zu öffnen und der Natur als Gegenüber zu begegnen, erschloss sich mir auch mein Inneres.

So die Rahmenbedingungen dies ermöglichten, war es mir immer wichtig, die Beziehungen zur Natur in meine therapeutische Arbeit einfließen zu lassen. Doch das hatte nicht gereicht. Es war Zeit, dem Ruf meines Herzens und dem Weg der Natur mit mehr Entschlossenheit zu folgen. Und plötzlich erschienen die Kinderjahre im Garten, die Stunden im Wald mit meinem Großvater, die Liebe zum Meer nicht mehr als bloße Erinnerungen vergangener Tage. Jetzt erkannte ich sie als gelebte Zeiten der Verbundenheit und folglich auch als mir Richtung weisende Meilensteine am Anfang meines Weges.


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